Von Sprachförderung zu sprachlicher Bildung.
Hintergründe, Unterschiede und Gelingensfaktoren
... und was das mit Qualitätsmanagement und digitaler Transformation zu tun hat.
Glaube nicht alles, was Du denkst, sondern lerne, es zu hinterfragen.
Höre auf deine innere Stimme – und bring zur Sprache, was Dir wichtig erscheint.
Höre hin, wo Dich etwas anspricht, denn oft will es uns etwas sagen.
Wenn einem anderen die Worte fehlen, hilf ihm, sie zu finden.
Wo zwei aneinander vorbeireden, hilf ihnen, Brücken zu bauen.
Dipl.Päd. Natascha Wolter
Abstract
Sprachliche Bildung und Sprachförderung: Zwei Begriffe, die einander sehr ähneln. Doch bei genauerem Hinsehen sind es gerade die feinen Unterschiede, die den Unterschied machen.
„What’s the difference, that makes the difference?”, fragte schon Robert Dilts (vgl. Dilts, Hallbom & Smith 2012). Diese Frage wird im Folgenden näher beleuchtet. Je mehr wir dem Nachgehen, desto klarer und spannender wird eine Brücke, die es auf den ersten Blick gar nicht zu geben scheint. Der Zusammenhang zwischen:
• der Entwicklung von Sprachförderung zu sprachlicher Bildung in der Elementarpädagogik einerseits
• und der digitalen Transformation andererseits.
Aus Sicht der Autorin zeichnet sich ein deutlicher Zusammenhang ab zwischen dem, was wir in unseren Kitas unter sprachlicher Bildung diskutieren und dem Wandel in der Arbeitswelt, der im Zusammenhang mit der digitalen Transformation unter Überschriften wie „New Work“ (vgl. https://www.haufe-akademie.de/new-work) diskutiert wird.
Zur Erläuterung dieser These werden zunächst ein paar Grundaspekte digitaler Transformation skizziert sowie die des agilen Qualitätsmanagements. Am Schluss steht die Einladung, gemeinsam weiter zu denken, wie wir aus dem Nebeneinander noch besser als bisher in ein Miteinander kommen.
„What’s the difference, that makes the difference?”, fragte schon Robert Dilts (vgl. Dilts, Hallbom & Smith 2012). Diese Frage wird im Folgenden näher beleuchtet. Je mehr wir dem Nachgehen, desto klarer und spannender wird eine Brücke, die es auf den ersten Blick gar nicht zu geben scheint. Der Zusammenhang zwischen:
• der Entwicklung von Sprachförderung zu sprachlicher Bildung in der Elementarpädagogik einerseits
• und der digitalen Transformation andererseits.
Aus Sicht der Autorin zeichnet sich ein deutlicher Zusammenhang ab zwischen dem, was wir in unseren Kitas unter sprachlicher Bildung diskutieren und dem Wandel in der Arbeitswelt, der im Zusammenhang mit der digitalen Transformation unter Überschriften wie „New Work“ (vgl. https://www.haufe-akademie.de/new-work) diskutiert wird.
Zur Erläuterung dieser These werden zunächst ein paar Grundaspekte digitaler Transformation skizziert sowie die des agilen Qualitätsmanagements. Am Schluss steht die Einladung, gemeinsam weiter zu denken, wie wir aus dem Nebeneinander noch besser als bisher in ein Miteinander kommen.
Immer mehr Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen
Mit Sprache verhält es sich wie mit der Gesundheit: Erst wo sie fehlt, werden wir uns ihrer Bedeutung bewusst. Vor einigen Jahren waren es vor allem die Kinder und Familien mit Migrationshintergrund, die uns einluden, in unseren Kindertageseinrichtungen über das Thema „Sprache“ wieder mehr nachzudenken und nach Lösungswegen für Kommunikationsschwierigkeiten im Alltag zu suchen. Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene wurden große Förderprogramme aufgelegt, um die Kindertagesstätten im Bereich der Sprachförderung zu unterstützen.
Trotz aller Gelder und allen Engagements für Sprachförderung sind die Sprachentwicklungsprobleme in den Kindertagesstätten nicht kleiner, sondern sogar zum Teil größer geworden. Die Frage, woran das liegen könnte, ist in mehreren Studien untersucht worden. Dabei kam zum einen heraus, dass die Sprachförderprogramme leider nicht den gewünschten Effekt gebracht haben. Gleichzeitig sind es mehr und mehr Kinder aus deutschsprachigen Familien, denen im wahrsten Sinne des Wortes die Worte fehlen (vgl. Barmer Arztreport 2012).
Inzwischen ist es trauriger Alltag in unseren Kindertagesstätten, dass viele Kinder sich nicht altersgemäß artikulieren können und trotz großer Bemühungen bis hin zu Anstrengungen von Kindern und Erwachsenen einfach nicht verstanden werden. Das stimmt betroffen und nachdenklich. Woran liegt es? Was können wir tun?
Digitalisierung und Sprachentwicklung
So einfach es sich anhören mag: Das wichtigste für eine gesunde Sprachentwicklung ist, abgesehen von körperlicher Gesundheit, dass wir uns dem Kind situativ voll und ganz zuwenden.
Selbst das kleinste Kind kann uns in der Regel bereits mitteilen, wann es unsere Aufmerksamkeit braucht. Es lernt, uns durch ein Schreien herbeizurufen, wendet sich uns zu, bevor es sehen kann, und streckt uns die Ärmchen entgegen. Vom ersten Tag an, lange vor den ersten Worten sind wir miteinander in Kommunikation. Durch unser Miteinander entwickeln wir gemeinsam eine neue Form der Verbundenheit. Eine Verbindung, die allen Familienmitgliedern, Freunden und anderen Beteiligten ermöglicht, sich auch über wachsende räumliche Distanzen hinweg zu verständigen.
Medien, die in unseren Alltag Einzug halten, ziehen unsere Aufmerksamkeit allein durch ihr Dasein auf sich. Dabei ist insbesondere das Smartphone sehr erfolgreich. Das Problem ist nur: Je mehr wir uns digitalen Medien zuwenden, desto weniger sind wir in der Regel in einer direkten, unmittelbaren Interaktion mit den Menschen um uns herum – auch mit unseren Kindern. Der Ton einer neuen Nachricht verlockt häufig sehr mit dem Kind im Kinderwagen oder auch auf dem Arm „nur mal eben schnell“ nachzuschauen.
Sprachauffälligkeiten und Miteinander Sprechen
Um Missverständnissen vorzubeugen: Kein Kind braucht ununterbrochen unsere Aufmerksamkeit. Im Gegenteil. Auch und gerade unbeobachtete Phasen, auch Phasen von Langeweile sind für die Entwicklung eines Kindes von großer Bedeutung. Es gibt erste Vermutungen, dass bereits mit 10 Minuten unmittelbarer Aufmerksamkeit am Tag viel im Hinblick auf die Sprachentwicklung des Kindes erreicht werden kann.
Über konkrete Zeitfenster lässt sich streiten. Unstrittig ist aber: Wenn das Kind die Aufmerksamkeit der Eltern permanent mit dem Smartphone teilen muss und dem zu wenig direkte unmittelbare Interaktion gegenübersteht, hat das seinen Preis (vgl. Tronick 2003).
Hinzu kommt ein ungünstiger Effekt und Verstärker, nämlich dass „eine Reihe von Eltern – vermutlich aufgrund der geringen sprachlichen Kompetenzen ihres Kindes – dazu neigen, ihr sprachliches Angebot zu reduzieren, oder aber, in dem Bemühen ihrem Kind möglichst viel Sprache anzubieten, das Kind mit Sprache zu überschütten“ (Buschmann & Jooss 2007, S. 7).
Viele Leser*innen kennen dieses Phänomen vermutlich aus anderen Kontexten. Vielleicht hatten Sie auch schon einmal mit pflegebedürftigen Menschen zu tun, denen die Artikulation zunehmend schwerer fällt oder die erkrankungsbedingt (z.B. bei Demenz) einer anderen, oft schwer nachzuvollziehenden Logik folgen. Wo die gewohnte Verständigung schwierig wird, tritt Verunsicherung in unsere Kommunikation. Und nicht selten erfordert bedarf es einiger Experimente, bis gerade in schwierigen Situationen neue Handlungs- und Kommunikationsmuster gefunden werden, die die Barrieren überwinden und vielleicht sogar lösen.
Wo das miteinander Sprechen in den Familien vorher selbstverständlich war, stellt sich nun die Frage, wie wir den Familien die Bedeutung der unmittelbaren Zuwendung und des sprachlichen Miteinanders so vermitteln können, dass sie befähigt sind, ihr Interaktionsverhalten auf die Bedarfe des Kindes abzustimmen. Auch im Kita-Alltag ist durch die Zunahme der Sprachauffälligkeiten Verständigung zur Herausforderung geworden, die immer mehr Zeit in Anspruch nimmt.
Dabei können die Symptome ganz verschieden gelagert sein. „Ein Problem ist dann wahrscheinlich, wenn das Kind
• einen beschränkteren aktiven Wortschatz hat als andere gleichaltrige Kinder,
• es dem Kind schwer fällt neue Wörter zu lernen,
• es verbale Zeiten verwechselt,
• es allgemeine statt spezifische Wörter nutzt,
• es selten spricht,
• es -obwohl es Wörter richtig aussprechen kann- sinnlose Sätze sagt,
• eine begrenzte Satzstruktur verwendet
• oder häufig bestimmte Phrasen verwendet
• Wenn das Kind desinteressiert wirkt, wenn Menschen sprechen,
• es dem Kind schwer fällt bestimmte Anweisungen zu befolgen
• oder zu verstehen was gesagt/gesagt wird.“ (Kahl 2017, o. S.)
Je mehr Kinder solche Auffälligkeiten zeigen, desto schwieriger gestaltet sich auch die Verständigung der Fachkräfte mit den Kindern zu den Dingen des Alltags. Auch die Verständigung der Kinder untereinander wird zum Problem.
Von Sprachförderung zu sprachlicher Bildung
Mit dieser Situation im Sinne der Kinder gut umzugehen, erfordert nicht nur ein hohes Maß an Fachlichkeit. Da es keine pauschalen Lösungen gibt, hat es sich als hilfreich erwiesen, sich regelmäßig in Fallgesprächen im Team darüber auszutauschen, welche Kinder über welche Themen, Settings und Herangehensweisen gut zu erreichen sind. Auch ein regelmäßiger, guter Austausch mit den Familien ist wichtig.
Da die Familien in der Begleitung der Kindesentwicklung die zentrale Rolle spielen, wird es immer wichtiger, dass Kita und Familien gut miteinander im Gespräch sind. Doch wie können wir in unserem zeitlich begrenzten Rahmen erreichen, Familien an unserem Fachwissen teilhaben zu lassen? Sie anzuregen, wieder mehr in direkte und unmittelbare Interaktion mit ihren Kindern zu gehen? Das Handy bei Seite zu legen, sich statt dessen ihren Kindern zuzuwenden und sie sprachlich zu begleiten?
Aufgrund der wachsenden Anzahl von Kindern mit Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung beschäftigen sich auch zunehmend Universitäten mit diesen und ähnlichen Fragen. Wie können wir den begrenzten familienergänzenden Rahmen unserer Kitas so gestalten, dass insbesondere Kinder mit ungünstigen Ausgangslagen daraus möglichst viel für ihre Entwicklung mitnehmen können?
Nach einigen Jahren konkreter Projekte mit Sprachförderprogrammen kamen alle Studien aus verschiedenen Bundesländern zu denselben ernüchternden Erkenntnissen: Die sprachliche Entwicklung der Kinder wird durch zusätzliche Sprachförderprogramme nicht messbar verbessert (vgl. Groth et al., im Druck; Sachse et al. 2012; Schöler & Roos 2011; Wolf et al. 2010, 2011).
Wenn nicht durch zusätzliche Sprachförderprogramme: Wie bringen wir dann Kinder zur Sprache? Damit rückt der Fokus von zusätzlichen Angeboten in das Alltagsgeschehen der Kita. Scheinwerfer auf Dialoganlässe, Interaktionsqualität und die Frage, wie wir insbesondere mit den Kindern in Kontakt treten können, wo es uns schwerfällt. Wo Verständigung zur fachlichen Herausforderung wird. Wo auch uns oft die Worte fehlen, weil die verbalen und non-verbalen Äußerungen der Kinder in uns nur Fragezeichen produzieren. Wo wir alle fachlichen Register ziehen, trotzdem oft an unsere Grenzen stoßen und dankbar sind, wenn andere uns im Rahmen kollegialer Beratung mit ihren Ideen unterstützen. Und das möglichst regelmäßig.
Begrifflich sind wir von der Sprachförderung zur alltagsintegrierten sprachlichen Bildung gekommen. In beidem geht es um Sprache. Und nicht selten wird von Sprachförderung gesprochen, wenn alltagsintegrierte Sprachbildung gemeint ist – und umgekehrt. Das habe ich zum Anlass genommen, um in der nachfolgenden Übersicht ein paar Unterschiede gegenüberzustellen, wie es sich mir nach meinem Verständnis darstellt:
Mit Sprache verhält es sich wie mit der Gesundheit: Erst wo sie fehlt, werden wir uns ihrer Bedeutung bewusst. Vor einigen Jahren waren es vor allem die Kinder und Familien mit Migrationshintergrund, die uns einluden, in unseren Kindertageseinrichtungen über das Thema „Sprache“ wieder mehr nachzudenken und nach Lösungswegen für Kommunikationsschwierigkeiten im Alltag zu suchen. Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene wurden große Förderprogramme aufgelegt, um die Kindertagesstätten im Bereich der Sprachförderung zu unterstützen.
Trotz aller Gelder und allen Engagements für Sprachförderung sind die Sprachentwicklungsprobleme in den Kindertagesstätten nicht kleiner, sondern sogar zum Teil größer geworden. Die Frage, woran das liegen könnte, ist in mehreren Studien untersucht worden. Dabei kam zum einen heraus, dass die Sprachförderprogramme leider nicht den gewünschten Effekt gebracht haben. Gleichzeitig sind es mehr und mehr Kinder aus deutschsprachigen Familien, denen im wahrsten Sinne des Wortes die Worte fehlen (vgl. Barmer Arztreport 2012).
Inzwischen ist es trauriger Alltag in unseren Kindertagesstätten, dass viele Kinder sich nicht altersgemäß artikulieren können und trotz großer Bemühungen bis hin zu Anstrengungen von Kindern und Erwachsenen einfach nicht verstanden werden. Das stimmt betroffen und nachdenklich. Woran liegt es? Was können wir tun?
Digitalisierung und Sprachentwicklung
So einfach es sich anhören mag: Das wichtigste für eine gesunde Sprachentwicklung ist, abgesehen von körperlicher Gesundheit, dass wir uns dem Kind situativ voll und ganz zuwenden.
Selbst das kleinste Kind kann uns in der Regel bereits mitteilen, wann es unsere Aufmerksamkeit braucht. Es lernt, uns durch ein Schreien herbeizurufen, wendet sich uns zu, bevor es sehen kann, und streckt uns die Ärmchen entgegen. Vom ersten Tag an, lange vor den ersten Worten sind wir miteinander in Kommunikation. Durch unser Miteinander entwickeln wir gemeinsam eine neue Form der Verbundenheit. Eine Verbindung, die allen Familienmitgliedern, Freunden und anderen Beteiligten ermöglicht, sich auch über wachsende räumliche Distanzen hinweg zu verständigen.
Medien, die in unseren Alltag Einzug halten, ziehen unsere Aufmerksamkeit allein durch ihr Dasein auf sich. Dabei ist insbesondere das Smartphone sehr erfolgreich. Das Problem ist nur: Je mehr wir uns digitalen Medien zuwenden, desto weniger sind wir in der Regel in einer direkten, unmittelbaren Interaktion mit den Menschen um uns herum – auch mit unseren Kindern. Der Ton einer neuen Nachricht verlockt häufig sehr mit dem Kind im Kinderwagen oder auch auf dem Arm „nur mal eben schnell“ nachzuschauen.
Sprachauffälligkeiten und Miteinander Sprechen
Um Missverständnissen vorzubeugen: Kein Kind braucht ununterbrochen unsere Aufmerksamkeit. Im Gegenteil. Auch und gerade unbeobachtete Phasen, auch Phasen von Langeweile sind für die Entwicklung eines Kindes von großer Bedeutung. Es gibt erste Vermutungen, dass bereits mit 10 Minuten unmittelbarer Aufmerksamkeit am Tag viel im Hinblick auf die Sprachentwicklung des Kindes erreicht werden kann.
Über konkrete Zeitfenster lässt sich streiten. Unstrittig ist aber: Wenn das Kind die Aufmerksamkeit der Eltern permanent mit dem Smartphone teilen muss und dem zu wenig direkte unmittelbare Interaktion gegenübersteht, hat das seinen Preis (vgl. Tronick 2003).
Hinzu kommt ein ungünstiger Effekt und Verstärker, nämlich dass „eine Reihe von Eltern – vermutlich aufgrund der geringen sprachlichen Kompetenzen ihres Kindes – dazu neigen, ihr sprachliches Angebot zu reduzieren, oder aber, in dem Bemühen ihrem Kind möglichst viel Sprache anzubieten, das Kind mit Sprache zu überschütten“ (Buschmann & Jooss 2007, S. 7).
Viele Leser*innen kennen dieses Phänomen vermutlich aus anderen Kontexten. Vielleicht hatten Sie auch schon einmal mit pflegebedürftigen Menschen zu tun, denen die Artikulation zunehmend schwerer fällt oder die erkrankungsbedingt (z.B. bei Demenz) einer anderen, oft schwer nachzuvollziehenden Logik folgen. Wo die gewohnte Verständigung schwierig wird, tritt Verunsicherung in unsere Kommunikation. Und nicht selten erfordert bedarf es einiger Experimente, bis gerade in schwierigen Situationen neue Handlungs- und Kommunikationsmuster gefunden werden, die die Barrieren überwinden und vielleicht sogar lösen.
Wo das miteinander Sprechen in den Familien vorher selbstverständlich war, stellt sich nun die Frage, wie wir den Familien die Bedeutung der unmittelbaren Zuwendung und des sprachlichen Miteinanders so vermitteln können, dass sie befähigt sind, ihr Interaktionsverhalten auf die Bedarfe des Kindes abzustimmen. Auch im Kita-Alltag ist durch die Zunahme der Sprachauffälligkeiten Verständigung zur Herausforderung geworden, die immer mehr Zeit in Anspruch nimmt.
Dabei können die Symptome ganz verschieden gelagert sein. „Ein Problem ist dann wahrscheinlich, wenn das Kind
• einen beschränkteren aktiven Wortschatz hat als andere gleichaltrige Kinder,
• es dem Kind schwer fällt neue Wörter zu lernen,
• es verbale Zeiten verwechselt,
• es allgemeine statt spezifische Wörter nutzt,
• es selten spricht,
• es -obwohl es Wörter richtig aussprechen kann- sinnlose Sätze sagt,
• eine begrenzte Satzstruktur verwendet
• oder häufig bestimmte Phrasen verwendet
• Wenn das Kind desinteressiert wirkt, wenn Menschen sprechen,
• es dem Kind schwer fällt bestimmte Anweisungen zu befolgen
• oder zu verstehen was gesagt/gesagt wird.“ (Kahl 2017, o. S.)
Je mehr Kinder solche Auffälligkeiten zeigen, desto schwieriger gestaltet sich auch die Verständigung der Fachkräfte mit den Kindern zu den Dingen des Alltags. Auch die Verständigung der Kinder untereinander wird zum Problem.
Von Sprachförderung zu sprachlicher Bildung
Mit dieser Situation im Sinne der Kinder gut umzugehen, erfordert nicht nur ein hohes Maß an Fachlichkeit. Da es keine pauschalen Lösungen gibt, hat es sich als hilfreich erwiesen, sich regelmäßig in Fallgesprächen im Team darüber auszutauschen, welche Kinder über welche Themen, Settings und Herangehensweisen gut zu erreichen sind. Auch ein regelmäßiger, guter Austausch mit den Familien ist wichtig.
Da die Familien in der Begleitung der Kindesentwicklung die zentrale Rolle spielen, wird es immer wichtiger, dass Kita und Familien gut miteinander im Gespräch sind. Doch wie können wir in unserem zeitlich begrenzten Rahmen erreichen, Familien an unserem Fachwissen teilhaben zu lassen? Sie anzuregen, wieder mehr in direkte und unmittelbare Interaktion mit ihren Kindern zu gehen? Das Handy bei Seite zu legen, sich statt dessen ihren Kindern zuzuwenden und sie sprachlich zu begleiten?
Aufgrund der wachsenden Anzahl von Kindern mit Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung beschäftigen sich auch zunehmend Universitäten mit diesen und ähnlichen Fragen. Wie können wir den begrenzten familienergänzenden Rahmen unserer Kitas so gestalten, dass insbesondere Kinder mit ungünstigen Ausgangslagen daraus möglichst viel für ihre Entwicklung mitnehmen können?
Nach einigen Jahren konkreter Projekte mit Sprachförderprogrammen kamen alle Studien aus verschiedenen Bundesländern zu denselben ernüchternden Erkenntnissen: Die sprachliche Entwicklung der Kinder wird durch zusätzliche Sprachförderprogramme nicht messbar verbessert (vgl. Groth et al., im Druck; Sachse et al. 2012; Schöler & Roos 2011; Wolf et al. 2010, 2011).
Wenn nicht durch zusätzliche Sprachförderprogramme: Wie bringen wir dann Kinder zur Sprache? Damit rückt der Fokus von zusätzlichen Angeboten in das Alltagsgeschehen der Kita. Scheinwerfer auf Dialoganlässe, Interaktionsqualität und die Frage, wie wir insbesondere mit den Kindern in Kontakt treten können, wo es uns schwerfällt. Wo Verständigung zur fachlichen Herausforderung wird. Wo auch uns oft die Worte fehlen, weil die verbalen und non-verbalen Äußerungen der Kinder in uns nur Fragezeichen produzieren. Wo wir alle fachlichen Register ziehen, trotzdem oft an unsere Grenzen stoßen und dankbar sind, wenn andere uns im Rahmen kollegialer Beratung mit ihren Ideen unterstützen. Und das möglichst regelmäßig.
Begrifflich sind wir von der Sprachförderung zur alltagsintegrierten sprachlichen Bildung gekommen. In beidem geht es um Sprache. Und nicht selten wird von Sprachförderung gesprochen, wenn alltagsintegrierte Sprachbildung gemeint ist – und umgekehrt. Das habe ich zum Anlass genommen, um in der nachfolgenden Übersicht ein paar Unterschiede gegenüberzustellen, wie es sich mir nach meinem Verständnis darstellt:
Vielleicht trägt dies nicht nur ein wenig zu besserem Verständnis bei der einen oder dem anderen bei, sondern wird als Einladung zum Dialog verstanden. Zum Dialog im Team, um über eigene Erfahrungen und Gelingensmomente zu sprechen. Zum Dialog mit Familien über die Bedeutung des Miteinander-Sprechens und Sich-einander-Zuwendens. Zum Dialog auch über fachliche Grenzen hinweg. Zum Dialog über Gelingensfaktoren von Managementsystemen wie dem Qualitätsmanagement.
Aber auch zu einem wachsenden Bewusstsein darüber, dass hinter dem begrifflichen Wandel nichts Geringeres steht als ein sich auf verschiedensten Ebenen vollziehender, notwendiger Kulturwandel. Ein Paradigmenwechsel ...
… vom Blick auf die Schwächen des anderen hin zu dem Blick auf die Stärken,[1]
… vom „großen“ Erwachsenen und „kleinen“ Kind hin zu einem Miteinander auf Augenhöhe,
… vom Fachwissen zur Anwendungskompetenz
… und vieles mehr.
Damit kommen wir zu der bereits angekündigten „Brücke“ zwischen sprachlicher Bildung, Qualitätsmanagement und digitaler Transformation.
Was hat sprachliche Bildung mit Qualitätsmanagement zu tun?
Sprachliche Bildung und agiles Qualitätsmanagement
Sprachliche Bildung, wie oben dargestellt, lebt von der kontinuierlichen Reflexion nicht nur der Ergebnisse, sondern auch unserer Prozesse und Strukturen – und letztlich von unserer Bereitschaft, uns permanent weiterzuentwickeln. Dabei gilt es möglichst alle Beteiligten einzubeziehen, einschließlich der Kinder und Familien.
Qualitätsentwicklung verbindet so im Sinne des Total Quality Managements (vgl. Sondermann 1994; Oess 2013; Bröckling 2007) alle Akteure – ohne Kontroll-Aspekt. Das „Produkt“ ist das möglichst optimal für sein Leben gestärkte Kind. Dabei ist der Anspruch, unterschiedliche Ausgangslagen und Chancen in den Blick zu nehmen und sich bei der Entwicklung geeigneter Strategien auch an der Entwicklung von Kreativitätstechniken in anderen Bereichen wie der Software-Entwicklung, zu orientieren.
Mit dem Bundesprogramm „Sprach-Kitas. Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ wird das Beschriebene beispielhaft vorgelebt. Gleichzeitig arbeiten die Kitas im gesamten Bundesgebiet an der Einführung von Qualitätsmanagementsystemen. Dabei gibt es zwischen den verschiedenen Systemen teilweise große Unterschiede. Diese werden verständlicher, wenn man die Entwicklungen im Bereich Qualitätsmanagement in die Betrachtung mit einbezieht. Grob umrissen geht der Trend vom klassischen Qualitätsmanagement, in dem die Verschriftlichung von Prozessen im Vordergrund stand – oft mit dem Fokus auf Zertifizierungen – hin zu einem agilen Qualitätsmanagement, in dem Dialog, Orientierung an aktuell teilweise schnell wechselnden Themen und Bedarfen und (auch interdisziplinäre) Vernetzung immer bedeutsamer werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Qualität beschreibt es in ihrem „Manifest für Agiles Qualitätsmanagement“ so:
„Agilität bedeutet, in autonomen, interaktiven Netzwerken in schneller Reaktion auf aktuelle und in Proaktion auf antizipierte Bedürfnisse Lösungen und Produkte zu kreieren und zu realisieren. Das klassische Qualitätsmanagement ist in Phasen entstanden und ausgereift, als Unternehmen deutlich stabiler waren oder dafür gehalten wurden. Es wird den heute agierenden agilen Organisationen nicht gerecht. Das ist schädlich, weil das Qualitätsmanagement dort an Akzeptanz und Wirksamkeit verliert und somit auch Defizite bei der Produktqualität entstehen können. Wir brauchen ein agiles Qualitätsmanagement.
Das Manifest für Agile Softwareentwicklung hat einen Entwicklungsschub für die Agilisierung von Unternehmen ausgelöst, nicht nur bei Softwareentwicklern, sondern zunehmend in weiteren Branchen. Methoden wie Scrum und Design Thinking erweisen sich als kulturtransformierend und stark agilitätsförderlich.
Es ist an der Zeit, sich Gedanken zu machen, wie das Qualitätsmanagement für eine Unterstützung agiler Unternehmenskulturen und -strukturen fit gemacht werden kann. Ein erster Schritt als Beitrag zur Diskussion und zur Kommentierung und Ergänzung durch die Fachgemeinschaft ist die Formulierung agiler Grundsätze entlang derer der ISO 9001.“ (Sommerhoff 2016, o. S.)
Die Idee der „Agilität“ ist nicht neu. Sie geht zurück auf die Systemtheorie der 50er-Jahre (vgl. Parsons 1970; Luhmann 1981). Der Soziologe Talcott Parsons beschrieb vier Funktionen, die jedes System erfüllen muss, um seine Existenz zu erhalten:
1. Die Fähigkeit eines Systems, auf die sich verändernden äußeren Bedingungen zu reagieren (Adaptation),
2. Ziele zu definieren und zu verfolgen (Goal Attainment),
3. Kohäsion (Zusammenhalt) und Inklusion (Einschluss) herzustellen und abzusichern (Integration)
4. und grundlegende Strukturen und Wertmuster aufrechtzuerhalten (Latency).
Die Anfangsbuchstaben dieser vier Funktionen ergeben „AGIL“ (vgl. Fischer 2018), was zu Beginn des 21. Jahrhunderts durch die Entwicklung von SCRUM – „Software in 30 days“ (vgl. Schwaber & Sutherland 2012) als Erfolgsstory aus der Softwareentwicklung in nahezu allen Lebensbereichen Thema geworden ist. Damit kommen wir zur digitalen Transformation.
Was hat sprachliche Bildung mit digitaler Transformation zu tun?
Was bedeutet digitale Transformation?wird nicht beantwortet. Hier fehlen diverse Gedanken zwischen den Absätzen... (Z.B.: Digitalisierung bedeutet vor allem unsere Kinder für AGILes Arbeiten „fit“ zu machen.
„Grundsätzlich bedeutet Digitalisierung die Veränderung von Prozessen und Objekten durch den zunehmenden Einsatz von digitaler Technik. Das Wort wird oft synonym mit digitaler Transformation bzw. digitalem Wandel verwendet und beschreibt in diesem Sinne die umfassende Veränderung aller möglichen Aspekte des menschlichen Lebens durch die Digitalisierung, z.B. Kommunikation, Arbeit, Wissenschaft, Politik, Presse, Kultur oder Verwaltung. Die digitale Transformation ist dabei nicht nur ein einfaches Ersetzen von traditionellen durch digitale Techniken (z.B. von papiernen Akten durch elektronische), sondern bringt auch selbst ganz neue Lösungen, Anwendungen und Techniken hervor, die z.B. aufgrund ihrer Schnelligkeit beim Datenaustausch und Vernetzbarkeit vor dem digitalen Zeitalter nicht anwendbar oder gar nicht denkbar waren.“ (Deutscher Bundestag 2017, o. S.)
Für die Generation Alpha (vgl. Hesse & Mattmüller 2015) gehören Smartphone und Tablet von Anfang an fest zur Lebenswirklichkeit. Für unsere Kitas bedeutet das den Spagat zwischen dem Umgang mit den daraus resultierenden und zunehmenden Sprachauffälligkeiten einerseits und dem Auftrag der Vermittlung von Medienkompetenz andererseits. Während im familiären Umfeld Medien überwiegend konsumiert werden, gilt es, Kindern einen kreativen, gestalterischen Umgang mit digitalen Medien zu erschließen. Und insbesondere im Krippenalter liegt in den Kindertagesstätten eine große Chance, Kindern bewusst Räume ohne digitale Medien zur Verfügung zu stellen, in denen die sinnliche Erfahrung im Vordergrund steht.[2] Denn daraus erwächst die Chance der Kinder, aus der inzwischen schon fast wie selbstverständlich vorausgesetzten Medienabhängigkeit zu einem bewussten und kritischen Umgang zu gelangen.
Wie realistisch das ist, ist fraglich. Denn aus der Angst heraus, in der digitalen Transformation den Anschluss zu verpassen, scheint es momentan mehr zur „Strategie“ zu werden, alle Bildungseinrichtungen unreflektiert mit digitalen Medien zu fluten, statt dies mit klaren Zielen, Visionen und durchdachten Strategien zu verbinden.
Wie berechtigt ist diese Angst und was bedeutet sie?
In verschiedensten Quellen ist man sich relativ einig: „Wir können alles, außer digital“ (Specht 2019, S. 76). Das bezieht sich nicht nur auf die rein technologischen Aspekte, sondern ebenso auf die Fähigkeit, interdisziplinär in Netzwerken zusammenzuarbeiten und auf das für Startups notwendige unternehmerische Denken. „Ungefähr Zweidrittel der deutschen Gründer bewerten das deutsche Schulsystem im Hinblick auf die Vermittlung unternehmerischen Denkens und Handelns als mangelhaft oder ungenügend“ (Specht 2018, S.78).
„Es wird einen technologischen Wettlauf geben. Einige Länder werden Wettbewerbsvorteile durch die Förderung von Mensch-Maschine-Schnittstellen und Human Augmentation suchen. Das beschleunigt wiederum die technologische Entwicklung. Gewinnen werden diejenigen, die bei der künstlichen Intelligenz vorn liegen.“ (Bertelsmann 2016, S. 26)
„Die da oben werden’s schon richten?“ „Für wahrscheinlich wird es ebenso von einer recht großen Gruppe der Experten gehalten, dass es in den heutigen Industrieländern erst zu massiven sozialen Unruhen, bis hin zu dauerhaften Bürgerkriegen, kommen werde, bevor konsequent gehandelt wird.“ (Bertelsmann 2016, S. 25)
Wie die Zukunft aussieht, auf die wir unsere Kinder heute vorbereiten, entzieht sich mit hoher Wahrscheinlichkeit unserer Vorstellungskraft. Und das bezieht sich nicht nur auf die Risiken der Kipppunkte des Klimawandels.[3]
Was bedeutet das für unsere Kitas?
Einerseits müssen wir „schon vor der Schule ... mit der Entwicklung der Technologie-Kompetenz beginnen“ (Bertelsmann 2016, S. 17). Andererseits müssen wir „den Menschen beibringen, was sie wirklich brauchen werden: kritisches Denken, grundlegende Technologiekompetenz, Datenanalyse, Lernfähigkeit, selbstständiges Arbeiten und unternehmerische Kompetenzen“ (ebd.).
Mit den Arbeits- und Reflexionsstrukturen, die über das Bundesprogramm „Sprach-Kitas. Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ in unsere Kitas Einzug gehalten haben,
1. wird die Fähigkeit des Systems Kita gestärkt, auf ich verändernde äußeren Bedingungen zu reagieren (Adaptation),
2. Ziele zu definieren und zu verfolgen (Goal Attainment),
3. Kohäsion (Zusammenhalt) und Inklusion (Einschluss) herzustellen, dabei Diversity mehr und mehr als Ressource zu verstehen
4. und auch bei zunehmender Netzwerkarbeit grundlegende Strukturen und Wertmuster der einzelnen Einrichtungen aufrechtzuerhalten (Latency).
Das bedeutet zusammengefasst:
Mit der Entwicklung von Sprachförderung zu sprachlicher Bildung hält agiles Arbeiten in unsere Kitas Einzug. Damit eröffnen sich ganz neue Chancen für unsere Kinder. Denn wo es gelingt, leben Fachkräfte Möglichkeiten vor, den Wandel aktiv und (selbst-) wirksam mitzugestalten – und dabei alle einzubeziehen.
In der Digitalisierungsszene heißt es: „fail fast, learn faster“ (vgl. Bean 2021). Je mehr wir diese Haltung und eine damit verbundene Fehler-Kultur in unseren Kitas verankern, desto besser werden die uns anvertrauten Kinder im Zeitalter rasanter Veränderungen davon profitieren. Damit sind wir jedoch bei viel mehr als einem Wandel von Instrumenten sprachlicher Bildung.
Mit Corona standen wir auf einmal vor der Frage, wie wir Kinder und Familien mit unseren Sprachbildungsangeboten erreichen, wenn ein Besuch der Kita nicht mehr möglich ist – und situationsbedingt gleichzeitig gerade in bildungsbenachteiligten Familien der Bedarf passender Angebote steigt. Wir haben einen Eindruck davon bekommen, dass wir uns auch in der Kita mit Digitalisierung auseinandersetzen müssen. Und waren gefordert, unsere Arbeitsformen und Strukturen zu überprüfen.
Je schneller der Wandel, desto ungewisser die Zukunft. Bei Digitalisierung und künstlicher Intelligenz haben wir es mit exponentiellen Entwicklungen zu tun. Das Einzige, was relativ klar zu sein scheint, ist die Tatsache, dass die Veränderungsprozesse, in denen wir uns befinden, so rasant und gravierend sind, dass sie unser Vorstellungsvermögen übersteigen. Im Moffet Field in Silicon Valley wurde deshalb bereits 2008 eine Universität eingerichtet, die sich mit exponentiellem Denken beschäftigt (Fichter 2017). In der Wirtschaft spricht man von der VUCA-Welt.[4]
Wir sind gefragt, unsere Kitas selbst immer mehr als lernende Organisation zu verstehen und zu gestalten. Sind wir bereit, unsere Strukturen und Prozesse kontinuierlich darauf hin zu überprüfen, wie wir im Hinblick auf Chancengerechtigkeit voneinander lernen und uns aneinander sowie miteinander entwickeln können? Sind wir bereit, auch Fremden zuzuhören? Unseren pädagogisch-fachlichen Rahmen gedanklich zu überwinden und aus der Softwareentwicklung zu lernen, out-of-the-box zu denken? Gelingensbeispiele aus anderen Einrichtungen und Fachdisziplinen systematisch in unsere Entwicklung mit einzubeziehen? Sind wir bereit, zum Wohle der Kinder selbst unsere Einrichtungsstrukturen immer wieder neu zu überdenken? Sind wir bereit, einander zuzuhören, unabhängig von Hierarchien und Kulturen?
Aber auch zu einem wachsenden Bewusstsein darüber, dass hinter dem begrifflichen Wandel nichts Geringeres steht als ein sich auf verschiedensten Ebenen vollziehender, notwendiger Kulturwandel. Ein Paradigmenwechsel ...
… vom Blick auf die Schwächen des anderen hin zu dem Blick auf die Stärken,[1]
… vom „großen“ Erwachsenen und „kleinen“ Kind hin zu einem Miteinander auf Augenhöhe,
… vom Fachwissen zur Anwendungskompetenz
… und vieles mehr.
Damit kommen wir zu der bereits angekündigten „Brücke“ zwischen sprachlicher Bildung, Qualitätsmanagement und digitaler Transformation.
Was hat sprachliche Bildung mit Qualitätsmanagement zu tun?
Sprachliche Bildung und agiles Qualitätsmanagement
Sprachliche Bildung, wie oben dargestellt, lebt von der kontinuierlichen Reflexion nicht nur der Ergebnisse, sondern auch unserer Prozesse und Strukturen – und letztlich von unserer Bereitschaft, uns permanent weiterzuentwickeln. Dabei gilt es möglichst alle Beteiligten einzubeziehen, einschließlich der Kinder und Familien.
Qualitätsentwicklung verbindet so im Sinne des Total Quality Managements (vgl. Sondermann 1994; Oess 2013; Bröckling 2007) alle Akteure – ohne Kontroll-Aspekt. Das „Produkt“ ist das möglichst optimal für sein Leben gestärkte Kind. Dabei ist der Anspruch, unterschiedliche Ausgangslagen und Chancen in den Blick zu nehmen und sich bei der Entwicklung geeigneter Strategien auch an der Entwicklung von Kreativitätstechniken in anderen Bereichen wie der Software-Entwicklung, zu orientieren.
Mit dem Bundesprogramm „Sprach-Kitas. Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ wird das Beschriebene beispielhaft vorgelebt. Gleichzeitig arbeiten die Kitas im gesamten Bundesgebiet an der Einführung von Qualitätsmanagementsystemen. Dabei gibt es zwischen den verschiedenen Systemen teilweise große Unterschiede. Diese werden verständlicher, wenn man die Entwicklungen im Bereich Qualitätsmanagement in die Betrachtung mit einbezieht. Grob umrissen geht der Trend vom klassischen Qualitätsmanagement, in dem die Verschriftlichung von Prozessen im Vordergrund stand – oft mit dem Fokus auf Zertifizierungen – hin zu einem agilen Qualitätsmanagement, in dem Dialog, Orientierung an aktuell teilweise schnell wechselnden Themen und Bedarfen und (auch interdisziplinäre) Vernetzung immer bedeutsamer werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Qualität beschreibt es in ihrem „Manifest für Agiles Qualitätsmanagement“ so:
„Agilität bedeutet, in autonomen, interaktiven Netzwerken in schneller Reaktion auf aktuelle und in Proaktion auf antizipierte Bedürfnisse Lösungen und Produkte zu kreieren und zu realisieren. Das klassische Qualitätsmanagement ist in Phasen entstanden und ausgereift, als Unternehmen deutlich stabiler waren oder dafür gehalten wurden. Es wird den heute agierenden agilen Organisationen nicht gerecht. Das ist schädlich, weil das Qualitätsmanagement dort an Akzeptanz und Wirksamkeit verliert und somit auch Defizite bei der Produktqualität entstehen können. Wir brauchen ein agiles Qualitätsmanagement.
Das Manifest für Agile Softwareentwicklung hat einen Entwicklungsschub für die Agilisierung von Unternehmen ausgelöst, nicht nur bei Softwareentwicklern, sondern zunehmend in weiteren Branchen. Methoden wie Scrum und Design Thinking erweisen sich als kulturtransformierend und stark agilitätsförderlich.
Es ist an der Zeit, sich Gedanken zu machen, wie das Qualitätsmanagement für eine Unterstützung agiler Unternehmenskulturen und -strukturen fit gemacht werden kann. Ein erster Schritt als Beitrag zur Diskussion und zur Kommentierung und Ergänzung durch die Fachgemeinschaft ist die Formulierung agiler Grundsätze entlang derer der ISO 9001.“ (Sommerhoff 2016, o. S.)
Die Idee der „Agilität“ ist nicht neu. Sie geht zurück auf die Systemtheorie der 50er-Jahre (vgl. Parsons 1970; Luhmann 1981). Der Soziologe Talcott Parsons beschrieb vier Funktionen, die jedes System erfüllen muss, um seine Existenz zu erhalten:
1. Die Fähigkeit eines Systems, auf die sich verändernden äußeren Bedingungen zu reagieren (Adaptation),
2. Ziele zu definieren und zu verfolgen (Goal Attainment),
3. Kohäsion (Zusammenhalt) und Inklusion (Einschluss) herzustellen und abzusichern (Integration)
4. und grundlegende Strukturen und Wertmuster aufrechtzuerhalten (Latency).
Die Anfangsbuchstaben dieser vier Funktionen ergeben „AGIL“ (vgl. Fischer 2018), was zu Beginn des 21. Jahrhunderts durch die Entwicklung von SCRUM – „Software in 30 days“ (vgl. Schwaber & Sutherland 2012) als Erfolgsstory aus der Softwareentwicklung in nahezu allen Lebensbereichen Thema geworden ist. Damit kommen wir zur digitalen Transformation.
Was hat sprachliche Bildung mit digitaler Transformation zu tun?
Was bedeutet digitale Transformation?wird nicht beantwortet. Hier fehlen diverse Gedanken zwischen den Absätzen... (Z.B.: Digitalisierung bedeutet vor allem unsere Kinder für AGILes Arbeiten „fit“ zu machen.
„Grundsätzlich bedeutet Digitalisierung die Veränderung von Prozessen und Objekten durch den zunehmenden Einsatz von digitaler Technik. Das Wort wird oft synonym mit digitaler Transformation bzw. digitalem Wandel verwendet und beschreibt in diesem Sinne die umfassende Veränderung aller möglichen Aspekte des menschlichen Lebens durch die Digitalisierung, z.B. Kommunikation, Arbeit, Wissenschaft, Politik, Presse, Kultur oder Verwaltung. Die digitale Transformation ist dabei nicht nur ein einfaches Ersetzen von traditionellen durch digitale Techniken (z.B. von papiernen Akten durch elektronische), sondern bringt auch selbst ganz neue Lösungen, Anwendungen und Techniken hervor, die z.B. aufgrund ihrer Schnelligkeit beim Datenaustausch und Vernetzbarkeit vor dem digitalen Zeitalter nicht anwendbar oder gar nicht denkbar waren.“ (Deutscher Bundestag 2017, o. S.)
Für die Generation Alpha (vgl. Hesse & Mattmüller 2015) gehören Smartphone und Tablet von Anfang an fest zur Lebenswirklichkeit. Für unsere Kitas bedeutet das den Spagat zwischen dem Umgang mit den daraus resultierenden und zunehmenden Sprachauffälligkeiten einerseits und dem Auftrag der Vermittlung von Medienkompetenz andererseits. Während im familiären Umfeld Medien überwiegend konsumiert werden, gilt es, Kindern einen kreativen, gestalterischen Umgang mit digitalen Medien zu erschließen. Und insbesondere im Krippenalter liegt in den Kindertagesstätten eine große Chance, Kindern bewusst Räume ohne digitale Medien zur Verfügung zu stellen, in denen die sinnliche Erfahrung im Vordergrund steht.[2] Denn daraus erwächst die Chance der Kinder, aus der inzwischen schon fast wie selbstverständlich vorausgesetzten Medienabhängigkeit zu einem bewussten und kritischen Umgang zu gelangen.
Wie realistisch das ist, ist fraglich. Denn aus der Angst heraus, in der digitalen Transformation den Anschluss zu verpassen, scheint es momentan mehr zur „Strategie“ zu werden, alle Bildungseinrichtungen unreflektiert mit digitalen Medien zu fluten, statt dies mit klaren Zielen, Visionen und durchdachten Strategien zu verbinden.
Wie berechtigt ist diese Angst und was bedeutet sie?
In verschiedensten Quellen ist man sich relativ einig: „Wir können alles, außer digital“ (Specht 2019, S. 76). Das bezieht sich nicht nur auf die rein technologischen Aspekte, sondern ebenso auf die Fähigkeit, interdisziplinär in Netzwerken zusammenzuarbeiten und auf das für Startups notwendige unternehmerische Denken. „Ungefähr Zweidrittel der deutschen Gründer bewerten das deutsche Schulsystem im Hinblick auf die Vermittlung unternehmerischen Denkens und Handelns als mangelhaft oder ungenügend“ (Specht 2018, S.78).
„Es wird einen technologischen Wettlauf geben. Einige Länder werden Wettbewerbsvorteile durch die Förderung von Mensch-Maschine-Schnittstellen und Human Augmentation suchen. Das beschleunigt wiederum die technologische Entwicklung. Gewinnen werden diejenigen, die bei der künstlichen Intelligenz vorn liegen.“ (Bertelsmann 2016, S. 26)
„Die da oben werden’s schon richten?“ „Für wahrscheinlich wird es ebenso von einer recht großen Gruppe der Experten gehalten, dass es in den heutigen Industrieländern erst zu massiven sozialen Unruhen, bis hin zu dauerhaften Bürgerkriegen, kommen werde, bevor konsequent gehandelt wird.“ (Bertelsmann 2016, S. 25)
Wie die Zukunft aussieht, auf die wir unsere Kinder heute vorbereiten, entzieht sich mit hoher Wahrscheinlichkeit unserer Vorstellungskraft. Und das bezieht sich nicht nur auf die Risiken der Kipppunkte des Klimawandels.[3]
Was bedeutet das für unsere Kitas?
Einerseits müssen wir „schon vor der Schule ... mit der Entwicklung der Technologie-Kompetenz beginnen“ (Bertelsmann 2016, S. 17). Andererseits müssen wir „den Menschen beibringen, was sie wirklich brauchen werden: kritisches Denken, grundlegende Technologiekompetenz, Datenanalyse, Lernfähigkeit, selbstständiges Arbeiten und unternehmerische Kompetenzen“ (ebd.).
Mit den Arbeits- und Reflexionsstrukturen, die über das Bundesprogramm „Sprach-Kitas. Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ in unsere Kitas Einzug gehalten haben,
1. wird die Fähigkeit des Systems Kita gestärkt, auf ich verändernde äußeren Bedingungen zu reagieren (Adaptation),
2. Ziele zu definieren und zu verfolgen (Goal Attainment),
3. Kohäsion (Zusammenhalt) und Inklusion (Einschluss) herzustellen, dabei Diversity mehr und mehr als Ressource zu verstehen
4. und auch bei zunehmender Netzwerkarbeit grundlegende Strukturen und Wertmuster der einzelnen Einrichtungen aufrechtzuerhalten (Latency).
Das bedeutet zusammengefasst:
Mit der Entwicklung von Sprachförderung zu sprachlicher Bildung hält agiles Arbeiten in unsere Kitas Einzug. Damit eröffnen sich ganz neue Chancen für unsere Kinder. Denn wo es gelingt, leben Fachkräfte Möglichkeiten vor, den Wandel aktiv und (selbst-) wirksam mitzugestalten – und dabei alle einzubeziehen.
In der Digitalisierungsszene heißt es: „fail fast, learn faster“ (vgl. Bean 2021). Je mehr wir diese Haltung und eine damit verbundene Fehler-Kultur in unseren Kitas verankern, desto besser werden die uns anvertrauten Kinder im Zeitalter rasanter Veränderungen davon profitieren. Damit sind wir jedoch bei viel mehr als einem Wandel von Instrumenten sprachlicher Bildung.
Mit Corona standen wir auf einmal vor der Frage, wie wir Kinder und Familien mit unseren Sprachbildungsangeboten erreichen, wenn ein Besuch der Kita nicht mehr möglich ist – und situationsbedingt gleichzeitig gerade in bildungsbenachteiligten Familien der Bedarf passender Angebote steigt. Wir haben einen Eindruck davon bekommen, dass wir uns auch in der Kita mit Digitalisierung auseinandersetzen müssen. Und waren gefordert, unsere Arbeitsformen und Strukturen zu überprüfen.
Je schneller der Wandel, desto ungewisser die Zukunft. Bei Digitalisierung und künstlicher Intelligenz haben wir es mit exponentiellen Entwicklungen zu tun. Das Einzige, was relativ klar zu sein scheint, ist die Tatsache, dass die Veränderungsprozesse, in denen wir uns befinden, so rasant und gravierend sind, dass sie unser Vorstellungsvermögen übersteigen. Im Moffet Field in Silicon Valley wurde deshalb bereits 2008 eine Universität eingerichtet, die sich mit exponentiellem Denken beschäftigt (Fichter 2017). In der Wirtschaft spricht man von der VUCA-Welt.[4]
Wir sind gefragt, unsere Kitas selbst immer mehr als lernende Organisation zu verstehen und zu gestalten. Sind wir bereit, unsere Strukturen und Prozesse kontinuierlich darauf hin zu überprüfen, wie wir im Hinblick auf Chancengerechtigkeit voneinander lernen und uns aneinander sowie miteinander entwickeln können? Sind wir bereit, auch Fremden zuzuhören? Unseren pädagogisch-fachlichen Rahmen gedanklich zu überwinden und aus der Softwareentwicklung zu lernen, out-of-the-box zu denken? Gelingensbeispiele aus anderen Einrichtungen und Fachdisziplinen systematisch in unsere Entwicklung mit einzubeziehen? Sind wir bereit, zum Wohle der Kinder selbst unsere Einrichtungsstrukturen immer wieder neu zu überdenken? Sind wir bereit, einander zuzuhören, unabhängig von Hierarchien und Kulturen?
Hast Du je erlebt, ...
... dass Du etwas sagen möchtest, aber Dir die Worte fehlen?
...dass Du nicht zu Wort kommst, obwohl Du etwas sagen möchtest?
... dass das, was Dir wichtig erscheint, mit Vehemenz ignoriert wird?
... dass man Dich über Dich hinweg sieht / ignoriert?
Wie hat sich das angefühlt?
Was hättest Du Dir gewünscht?
Wenn wir uns alle das gleiche wünschen, lasst es uns einander schenken:
Ein offenes Auge dafür, wo ein offenes Ohr gebraucht wird.
Dipl.Päd. Natascha Wolter
... dass Du etwas sagen möchtest, aber Dir die Worte fehlen?
...dass Du nicht zu Wort kommst, obwohl Du etwas sagen möchtest?
... dass das, was Dir wichtig erscheint, mit Vehemenz ignoriert wird?
... dass man Dich über Dich hinweg sieht / ignoriert?
Wie hat sich das angefühlt?
Was hättest Du Dir gewünscht?
Wenn wir uns alle das gleiche wünschen, lasst es uns einander schenken:
Ein offenes Auge dafür, wo ein offenes Ohr gebraucht wird.
Dipl.Päd. Natascha Wolter
Kontinuierliche, strukturierte Organisationsentwicklung wird auch in Kitas zum Gelingensfaktor für Transformation – für den fundamentalen und dauerhaften Wandel, in dem wir uns befinden (vgl. Hummel 2018). Durch rasante und revolutionäre Entwicklungen in Wissenschaft, Digitalisierung, Globalisierung, usw. sind Organisationen viel mehr als bisher gefragt, sich so aufzustellen, dass sie sich schnellstmöglich auch an unvorhergesehene Veränderungen anpassen können.
Die Bereitschaft und Fähigkeit zum Wandel wird zum Überlebensfaktor – nicht nur für Organisationen, sondern auch für den Einzelnen. Das hat uns Corona bereits in vielfacher Hinsicht ebenso eindrücklich gezeigt, wie die Bedeutung, die dabei Werte und Visionen haben (vgl. Daheim & Wintermann 2016). Ist es noch stimmig, dass Wachstum, Leistung und Erfolg die obersten Maximen sind, die unsere gesamte Gesellschaft prägen? Oder sollten nicht viel mehr würdevolles Leben, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit nach ganz oben rücken?
Wenn wir mit alltagsintegrierter sprachlicher Bildung erfolgreich Chancen für Kinder verbessern wollen, stehen wir auch vor der Frage, wie wir Familien in unseren Lern- und Reflexionsprozess mit einbeziehen können. Dafür braucht es eine Zusammenarbeit von Frühpädagogik und Erwachsenenbildung ebenso wie ganz neue Kooperations- und Arbeitsformen.
Eine „Einbahnstraße“? Weit gefehlt.
Denn wie bereits oben beschrieben lernt nicht nur die Pädagogik von der Softwarentwicklung. Für die Entwicklung einer Kultur, die beispielsweise Scrum braucht, ist pädagogisches Wissen von ebenso hohem Nutzen, wie für alle Bereiche, in denen Menschen zusammen arbeiten und lernen.
Wer sich mit agilem Arbeiten beschäftigt, weiß darum, mit wie vielen Stolpersteinen Unternehmen zu kämpfen haben, die Agilität „einführen“ wollen, aber ohne Kulturwandel. Agilität lässt sich nicht Top-down verordnen. Im Gegenteil. Agilität beginnt mit der Bereitschaft, auch die eigenen Ansichten und Haltungen immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Das gilt auch für die oberste Chefetage.
Welche Fachdisziplin lässt sich dabei auf eine kritische Reflexion ein? In welcher Fachdisziplin gibt es mehr Know-how über Menschenbilder, Werte, Lernen und Haltungsentwicklung als in der Pädagogik? Deswegen ist dieser Beitrag in beide – oder besser: alle – Richtungen als Einladung zu verstehen:
Lasst uns miteinander ins Gespräch kommen. Einander unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht oder Ähnlichem wirklich offen zuhören lernen. Uns neugierig und interessiert insbesondere denen zuwenden, mit denen wir sonst gar nicht im Gespräch sind. Dann haben unsere Kinder eine Chance.
Die Bereitschaft und Fähigkeit zum Wandel wird zum Überlebensfaktor – nicht nur für Organisationen, sondern auch für den Einzelnen. Das hat uns Corona bereits in vielfacher Hinsicht ebenso eindrücklich gezeigt, wie die Bedeutung, die dabei Werte und Visionen haben (vgl. Daheim & Wintermann 2016). Ist es noch stimmig, dass Wachstum, Leistung und Erfolg die obersten Maximen sind, die unsere gesamte Gesellschaft prägen? Oder sollten nicht viel mehr würdevolles Leben, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit nach ganz oben rücken?
Wenn wir mit alltagsintegrierter sprachlicher Bildung erfolgreich Chancen für Kinder verbessern wollen, stehen wir auch vor der Frage, wie wir Familien in unseren Lern- und Reflexionsprozess mit einbeziehen können. Dafür braucht es eine Zusammenarbeit von Frühpädagogik und Erwachsenenbildung ebenso wie ganz neue Kooperations- und Arbeitsformen.
Eine „Einbahnstraße“? Weit gefehlt.
Denn wie bereits oben beschrieben lernt nicht nur die Pädagogik von der Softwarentwicklung. Für die Entwicklung einer Kultur, die beispielsweise Scrum braucht, ist pädagogisches Wissen von ebenso hohem Nutzen, wie für alle Bereiche, in denen Menschen zusammen arbeiten und lernen.
Wer sich mit agilem Arbeiten beschäftigt, weiß darum, mit wie vielen Stolpersteinen Unternehmen zu kämpfen haben, die Agilität „einführen“ wollen, aber ohne Kulturwandel. Agilität lässt sich nicht Top-down verordnen. Im Gegenteil. Agilität beginnt mit der Bereitschaft, auch die eigenen Ansichten und Haltungen immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Das gilt auch für die oberste Chefetage.
Welche Fachdisziplin lässt sich dabei auf eine kritische Reflexion ein? In welcher Fachdisziplin gibt es mehr Know-how über Menschenbilder, Werte, Lernen und Haltungsentwicklung als in der Pädagogik? Deswegen ist dieser Beitrag in beide – oder besser: alle – Richtungen als Einladung zu verstehen:
Lasst uns miteinander ins Gespräch kommen. Einander unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht oder Ähnlichem wirklich offen zuhören lernen. Uns neugierig und interessiert insbesondere denen zuwenden, mit denen wir sonst gar nicht im Gespräch sind. Dann haben unsere Kinder eine Chance.
Jedes Lebewesen, jeder Mensch, jede Fachdisziplin hat etwas zu sagen.
Lasst uns noch viel mehr miteinander ins Gespräch kommen.
Lernen, auch dem Vogel zuzuhören.
Lernen, neugierig und interessiert gerade auf die zuzugehen,
die uns vermeintlich nichts zu sagen haben,
Lernen, zu akzeptieren, dass jede Perspektive schon dem Grunde nach eine andere ist.
Dass es sich unglaublich lohnt, so viele verschiedene Perspektiven wie möglich zu erkunden.
Dass alle dabei gleichermaßen wichtig sind.
Und dass erst alle miteinander ein Ganzes ergeben.
Wenn wir dabei im Blick behalten, dass nicht nur unser Leben,
sondern auch das unserer Mit- und Nachwelt das kostbarste Gut ist, das wir besitzen,
dann können wir nahezu jede Herausforderung dieser Zeit meistern.
Dipl.Päd. Natascha Wolter
Lasst uns noch viel mehr miteinander ins Gespräch kommen.
Lernen, auch dem Vogel zuzuhören.
Lernen, neugierig und interessiert gerade auf die zuzugehen,
die uns vermeintlich nichts zu sagen haben,
Lernen, zu akzeptieren, dass jede Perspektive schon dem Grunde nach eine andere ist.
Dass es sich unglaublich lohnt, so viele verschiedene Perspektiven wie möglich zu erkunden.
Dass alle dabei gleichermaßen wichtig sind.
Und dass erst alle miteinander ein Ganzes ergeben.
Wenn wir dabei im Blick behalten, dass nicht nur unser Leben,
sondern auch das unserer Mit- und Nachwelt das kostbarste Gut ist, das wir besitzen,
dann können wir nahezu jede Herausforderung dieser Zeit meistern.
Dipl.Päd. Natascha Wolter
Endnoten
[1] Dabei lohnt es sich, interdisziplinär zusammen zu arbeiten. Zum Beispiel gibt es viele Parallelen zwischen dem, was in der Pädagogik unter inklusiver Pädagogik, Ressourcenorientierung, Empowerment usw. bearbeitet wird, und dem, was unter der Überschrift „Diversity Management“ im Personalmanagement diskutiert wird.
[2] Vgl. Deutsche Liga für‘s Kind. Aufwachsen in der Medienwelt. Verfügbar unter: https://vimeo.com/378490694
[3] Vgl. Planetare Grenzen, Kipp-Elemente & Globale Gemeinschaftsgüter. Verfügbar unter: https://www.pik-potsdam.de/de/themen/planetare-grenzen-kipp-elemente-globale-gemeinschaftsgueter
[4] Vgl. VUCA. Verfügbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/VUCA
Literaturverzeichnis
[1] Dabei lohnt es sich, interdisziplinär zusammen zu arbeiten. Zum Beispiel gibt es viele Parallelen zwischen dem, was in der Pädagogik unter inklusiver Pädagogik, Ressourcenorientierung, Empowerment usw. bearbeitet wird, und dem, was unter der Überschrift „Diversity Management“ im Personalmanagement diskutiert wird.
[2] Vgl. Deutsche Liga für‘s Kind. Aufwachsen in der Medienwelt. Verfügbar unter: https://vimeo.com/378490694
[3] Vgl. Planetare Grenzen, Kipp-Elemente & Globale Gemeinschaftsgüter. Verfügbar unter: https://www.pik-potsdam.de/de/themen/planetare-grenzen-kipp-elemente-globale-gemeinschaftsgueter
[4] Vgl. VUCA. Verfügbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/VUCA
Literaturverzeichnis
- Bean, R. (2021). Fail Fast, Learn Faster: Lessons in Data-Driven Leadership in an Age of Disruption, Big Data, and AI, Weinheim: Wiley Verlag.
- Bertelsmann-Studie „Die Zukunft der Arbeit 2050“. Verfügbar unter: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/BST_Delphi_Studie_2016.pdf (21.09.2021)
- Buschmann, A./Jooss, B. (2021): Frühintervention bei verzögerter Sprachentwicklung: „Heidelberger Elterntraining zur frühen Sprachförderung“.
- Bröckling, U. (2007). Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform. Frankfurt: Suhrkamp.
- Daheim, C., & Wintermann, O. (2016). 2050: Die Zukunft der Arbeit: Ergebnisse einer internationalen Delphi-Studie des Millennium Project. Bertelsmann Stiftung.
- Deutscher Bundestag (2017): Digitalisierung und Entwicklungspolitik. Verfügbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/525938/488ea79620fb0b4c452b42519f2afb37/wd-2-051-17-pdf-data.pdf (23.09.2021)
- Dilts, R., Hallbom, T., & Smith, S. (2012). Beliefs: Pathways to health and well-being. Crown House Publishing.
- Fichter, A (11.07.2017): Exponentielles Denken. Süddeutsche Zeitung. Verfügbar unter: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/digitalisierung-exponentielles-denken-1.3582699 (20.09.2021)
- Fischer, S. (2018). Agilität als höchste Form der Anpassungsfähigkeit.
- Grieper, M. (2016): Sprachbildung und Sprachförderung - eine Einführung. Verfügbar unter:https://www.nifbe.de/component/themensammlung?view=item&id=273:sprachbildung-und-sprachfoerderung (23.09.2021)
- Groth, K., Egert, F. & Sachse, S. (2017) Wirksamkeit eines additiven Sprachförderkonzepts für mehrsprachige Kinder. Frühe Bildung, 6 (2), S. 74–82.
- Hesse, G., & Mattmüller, R. (2015). Perspektivwechsel im Employer Branding. Springer Fachmedien Wiesbaden.
- Hummel, J. (14. Juni 2018). Transformationen – was bedeutet das eigentlich? Verfügbar unter: https://www.fuehren-und-wirken.de/transformation-was-bedeutet-das-eigentlich/ (21.07.2021)
- Kahl, Y. (2017): Sprech- und Sprachstörungen: Welche gibt es, wie diagnostiziert und behandelt man sie? Verfügbar unter:https://blog.cognifit.com/de/sprachstoerungen/ (22.09.2021).
- Luhmann, N. (1981). Handlungstheorie und Systemtheorie. In Soziologische Aufklärung 3 (pp. 50-66). VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.
- Oess, A. (2013). Total quality management: die ganzheitliche Qualitätsstrategie. Springer-Verlag.
- Parsons, T. (1970): The System of Modern Societies. New York
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- Schöler, H./Roos, J. (2011): Die Ergebnisse des Projekts EVAS, der Evaluationsstudie zur Sprachförderung von Vorschulkindern in Heidelberger und Mannheimer Kindergärten. In: Baden-Württemberg Stiftung (Hrsg.): Sag' mal was - Sprachförderung für Vorschulkinder. Tübingen: Francke, S. 102-111
- Schwaber, K., & Sutherland, J. (2012). Software in 30 days: how agile managers beat the odds, delight their customers, and leave competitors in the dust. John Wiley & Sons.
- Specht, P. (2018). Die 50 wichtigsten Themen der Digitalisierung: Künstliche Intelligenz, Blockchain, Robotik, Virtual Reality und vieles mehr verständlich erklärt. Redline Wirtschaft.
- Sommerhoff, B. (2016): Agilität ist in dynamischen Märkten unter turbulenten Rahmenbedingungen ein probates Mittel, ein Unternehmen ergebnisfähig aufzustellen. Verfügbar unter: https://blog.dgq.de/manifest-fuer-agiles-qualitaetsmanagement/ (21.09.2021)
- Sondermann, J. P. (1994). Instrumente des Total Quality Managements: Ein Überblick. In: Qualitätsmanagement und Zertifizierung (pp. 223-253). Gabler Verlag.
- Tronick, E. Z. (2003). Things still to be done on the still‐face effect. Infancy, 4(4), 475-482.
- Wolf,K./Stanat,P./Wendt,W. (2011): EkoS -Evaluation der kompensatorischen Sprachförderung. Abschlussbericht. Berlin.